Im Interview: Martin Osterwalder

«Man soll sich nicht scheuen, das Thema Pensionierung frühzeitig anzugehen»

Der 39-Jährige Martin Osterwalder hat vor einem halben Jahr bei der BVK die Leitung des Vorsorge Services übernommen. Im Interview gibt er Auskünfte und Ausblicke zur Person und dem Vorsorgewesen.

 

Woher kommen Sie, Martin Osterwalder
Ich bin tief mit der Ostschweiz verwurzelt. Das fällt mir auf, weil ich in Zürich arbeite und in Olten wohne. Ich bin in St. Gallen geboren und aufgewachsen. Nach der Schulzeit machte ich eine pädagogische Ausbildung, die mich immer wieder einholt. Beispielsweise drückt bei einem Vorstellungsgespräch die soziale Ader durch: Ich möchte dem Mensch eine Chance geben.


Wie hat die Transformation vom Lehrer zum Vorsorgefachmann stattgefunden?
Für mich war relativ schnell klar, dass ich den Lehrerjob nicht so ausführen kann, wie ich möchte. Zudem probiere ich immer gerne etwas Neues aus.


Und dann sind Sie eines Morgens aufgewacht und haben gedacht: «Ich werde Vorsorgefachmann!»
An einem Sonntagmorgen sah ich zufällig in einem Kaffee jemanden sitzen, den ich von früher kannte. Ich trank mit ihm Kaffee und erzählte, dass ich am Suchen bin. Er arbeitete bei einer Lebensversicherung und meinte: «Schick mir mal dein Dossier.» Ein paar Tage später bekam ich die Einladung zum Interview mit dem Leiter Broker Consultants. Er war ursprünglich Lehrer und sagte: «Martin, ich suche jemanden mit guter Sozialkompetenz und mit einem guten Auftritt gegenüber Kunden. Das Fachliche bringe ich dir bei.» Zwei Wochen später unterschrieb ich den Vertrag.


Was sagen Sie einem jungen Versicherten, der wissen will ob seine Rente sicher ist?
Die Rente ist aus meiner Sicht sicher. Die Frage ist eher, welche Höhe die Rente haben wird – das heisst, welcher Umwandlungssatz zur Anwendung kommt. Ich bin überzeugt, dass es bei meiner Pensionierung eine AHV- und eine Pensionskassen-Rente geben wird. Nach Möglichkeit sollte man selber auch etwas zur Finanzierung des Ruhestands beitragen.


Sie empfehlen also einen Einkauf?
Einen Einkauf oder eine dritte Säule finde ich zwingend.


Was eher?
Grundsätzlich 3a ausschöpfen und danach bei der Pensionskasse einkaufen. Beim Einkauf gibt es keine allgemein gültige Aussage, weshalb ich mich beraten lassen würde.


Die Versicherten haben die Pensionskasse ja gar nicht gewählt. Was können sie tun?
Einerseits kann man sich darüber informieren, wie man überhaupt versichert ist, auch wenn man schon im Anstellungsverhältnis ist. Bei einem Stellenwechsel spielt das Thema für mich immer noch eine viel zu kleine Rolle. Ein um 200 Franken höherer Lohn bei einem neuen Arbeitgeber ist sehr schnell relativ, wenn man von einer guten in eine schlechte Vorsorge wechselt. Man sollte sich vor dem Stellenwechsel informieren.



Gibt es auch persönliche Möglichkeiten bei der BVK?
Natürlich. Man kann etwa mit einem Einkauf das Sparguthaben bei der Pensionskasse vergrössern. Die Vorteile sind einfach erklärt: Einerseits kann der getätigte Einkauf bei den Steuern abgezogen werden. Andererseits wird das Geld bei der BVK besser verzinst als auf dem Bankkonto.


Gibt es Alternativen zum Einkauf?
Natürlich. Man kann etwa einen Einkauf tätigen oder man entscheidet sich für die Beitragsvariante Top. Beide Möglichkeiten vergrössern das Sparguthaben bei der Pensionskasse.


Eines der vielen Themen ist der Bezug von Pensionskassengeldern für die Wohneigentumsförderung (WEF). Lohnt sich das, oder schränke ich meine Rente damit zu sehr ein?
Viele, die mit dem BVG arbeiten, wissen, wie komplex das Thema ist. Dadurch wird es sehr beratungsintensiv. Es gibt kein Regelwerk, das angewendet werden kann. Es kommt sehr stark auf die persönliche Situation an, die darüber entscheidet, ob ein WEF-Bezug lukrativ ist oder nicht. Er kann einschneidende Auswirkungen auf die Rentenleistungen haben, weshalb ich, wenn möglich, darauf verzichten würde. Es handelt sich schliesslich um Vorsorgegeld. Ich finde übrigens Verpfändung persönlich interessanter als Bezug.


Erste gesundheitliche Zipperlein machen sich im Alter bemerkbar. Ist die Familie bei der BVK abgesichert sollte ein Versicherter sterben oder unheilbar krank werden?
Ja, das ist man – und erst noch unvorstellbar gut. Meinen ersten Kontaktpunkt mit dem Thema Berufsinvalidität hatte ich bei der BVK. Jetzt kann ich sagen: Es ist ein Privileg, in diesem Bereich bei der BVK versichert zu sein. Leistungen im Bereich Berufsinvalidität werden im Markt nur von wenigen angeboten. Mit den Reglementanpassungen 2019 haben wir noch mehr Sicherheit geschaffen.


Über 50 geht es Richtung Pensionierung. Welche Schritte muss ein Arbeitnehmer in diesem Alterssegment in Bezug auf die Pensionierung in Betracht ziehen?
Man soll sich nicht scheuen, sich mit dem Thema frühzeitig auseinanderzusetzen. Wie soll mein Leben nach der Arbeit weitergehen? Wie viel Geld brauche ich im Alter?


Wie gehe ich vor?
Man sollte rechtzeitig eine Gesamtübersicht zusammenstellen. Je früher man einen Überblick gewinnt, umso eher kann man noch Korrekturen wie einen Einkauf in die Pensionskasse oder eine Beitragswahl anbringen.


Wenn ich pensioniert werde, bietet die BVK an, dass ich einen höheren Umwandlungssatz wählen kann. Wann lohnt sich das?
Mit der Wahl des höheren Umwandlungssatzes nimmt man in Kauf, dass die Ehegattenrente nach dem Tod von zwei Dritteln auf ein Drittel gesenkt wird. Dies muss in die Rechnung einfliessen. Es lohnt sich also, wenn ich nicht in einer Partnerschaft lebe. Oder man macht eine Gesamtrechnung und überlegt sich, ob der Partner auch mit einer tieferen Rente gut zurechtkommt. Das ist eine Möglichkeit, wenn beide berufstätig sind und so beide eine Pension aus der zweiten Säule erhalten.


Wie möchte der neue Leiter Vorsorge die Arbeitgeber in Zukunft betreuen?
Die BVK ist bereit rauszugehen und die Kunden vor Ort besser zu betreuen. Diesen Weg gilt es auszubauen. Es ist mir wichtig, dass wir die Kundenbedürfnisse genau kennen. Dazu braucht es eine Beziehung und die muss man zuerst aufbauen und dann pflegen. Das ist anspruchsvoll.

 

Wie ist der Stand heute?
Wir müssen noch mehr Erfahrungen sammeln und auch ein Selbstbewusstsein entwickeln. Die BVK ist noch nicht lange ein unabhängiges Unternehmen. Wir dürfen unsere gute Vorsorgelösung und den guten Kundeservice noch viel mehr bewerben.


Geht das auch Richtung Schulung?
Natürlich. Bei Arbeitgebern geschieht das eher auf informeller Basis, wenn einer unserer Unternehmensberater einen Kundenbesuch macht. Gerne helfen wir unseren Verbindungspersonen, die mit uns in der Administration tagein tagaus zusammenarbeiten, damit wir Prozesse möglichst einfach und effizient gestalten können. Ein weiteres Angebot, dass wir vermehrt einsetzen wollen ist auf die Arbeitnehmer zugschnitten. Wir möchten vermehrt Infoveranstaltungen direkt in den Firmen mit dem Personal durchführen. Neben dem persönlichen Kontakt können wir den Mitarbeitern mitteilen, wie grosszügig sie vom Arbeitgeber in der zweiten Säule unterstützt werden. Erst kürzlich führten wir eine solche Veranstaltung für Verwaltungsangestellte von Kloten und den umliegenden Gemeinden durch. Beim anschliessenden Apéro wurden wir regelrecht mit Fragen eingedeckt. Das zeigte uns, wie gross das Interesse am Thema ist.


Welche konkreten Projekte verfolgt die BVK derzeit?
Wir reiten gerade auf einer Digitalisierungswelle. Man kommt sich vor wie ein Surfer, der versucht die perfekte Welle zu erwischen und sich tragen zu lassen. Es wird bald ein Kundenportal geben, wo man sich jederzeit über die aktuellen Vorsorgedaten informieren kann. Wir planen eine Verjüngung der Webseite und im neuen Arbeitgeberportal werden Datentransfers vom Arbeitgeber zu uns vereinfacht stattfinden können. Wir haben den Anspruch, dass wir ab 2020 digital kommunizieren – aber auch weiterhin die anderen Kanäle anbieten können.


Ist die BVK fit für die Zukunft?
Ja, wir machen das, was von uns als Referenzkasse und modernem Unternehmen erwartet werden kann. Aus meiner Sicht ist die BVK fit für die Zukunft.

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01.07.2019

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