
Unternehmensdialog
Unsichtbare Gefahr – Zeit zum Handeln
Fluorchemikalien, kurz PFAS, sind tausende von Menschen hergestellte Substanzen. Sie sind unsichtbar, nahezu unzerstörbar und stellen ein erhebliches Risiko für Umwelt und Gesundheit dar. Die BVK fordert zusammen mit ihren Partnern daher von den Unternehmen mehr Transparenz und den Ersatz von PFAS durch nachhaltigere Stoffe.
«Ich komme nach Hause und hänge meine Regenjacke an den Haken. Ein Blick in den Spiegel zeigt ein ruiniertes Make-Up, aber dafür ist jetzt ebenso wenig Zeit wie für die Handynachrichten. Die Kinder kommen gleich von der Schule. Schnell das Geschnetzelte aus der Plastikverpackung mit ein paar Zwiebeln in die Bratpfanne und den Reis im praktischen Kochbeutel ins Wasser geben…»
Eine alltägliche Szene. Und ganz unbemerkt kam die Person in dieser kurzen Zeitspanne bis zu fünfmal mit PFAS (sprich Pe-Fas) in Kontakt. Sie sind unsichtbar und fast überall: per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Die Abkürzung steht für eine Gruppe von über 10 000 synthetischen Chemikalien, die wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie hitzeresistent sind. Zum Zeitpunkt ihrer Erfindung in den 1940er Jahren wurden sie gerne als «Wunder der modernen Wissenschaft» gepriesen, ihre Anwendungsmöglichkeiten schienen unbegrenzt. Selbst beim Bau der Atombombe kamen sie zum Einsatz. Aufgrund ihrer nützlichen Eigenschaften werden PFAS vor allem seit den 1970er Jahren in vielen Alltagsprodukten eingesetzt – beispielsweise in Regenjacken, Take-away-Geschirr, Backpapier, Sonnencreme, Zahnseide, Feuerlöschschaum oder Skiwachs. Das bekannteste PFAS-Produkt ist die Teflonpfanne.
Problem direkt vor unserer Haustür
So bequem sie unseren Alltag auch machen – PFAS stellen ein grosses Risiko für unsere Umwelt und Gesundheit dar. Enthüllungsberichte zeigen, dass die Industrie bereits in den 1950er Jahren wusste, dass sich diese Chemikalien überall verbreiteten. Als dicht besiedeltes und stark industrialisiertes Land ist auch die Schweiz erheblich mit PFAS belastet. PFAS lassen sich nicht natürlich abbauen und bleiben in der Umwelt bestehen, was ihnen den Namen «Ewigkeitschemikalien» eingebracht hat. Sie gelangen bei ihrer Herstellung und Verarbeitung in der Industrie sowie bei der Verwendung und Entsorgung in grossen Mengen in die Luft, ins Wasser und in den Boden – und somit unweigerlich in unsere Nahrungskette. Der Mensch nimmt PFAS über die Nahrung und das Trinkwasser sowie über die Haut und die Atemwege auf. Im Körper reichern sie sich immer mehr an und werden unter anderem mit Stoffwechselstörungen, erhöhten Cholesterinwerten, Störungen des Immunsystems sowie Krebserkrankungen in Verbindung gebracht.
Wachsendes Bewusstsein führt zu strengerer Regulierung
Lange Zeit glaubte man, das Problem liege nur anderswo. Doch in letzter Zeit lassen Medienberichte auch in der Schweiz vermehrt aufhorchen. So wurde 2024 ein Verkaufsstopp für Fleisch von Kühen und Rindern aus Landwirtschaftsbetrieben im Kanton St. Gallen verhängt. Der Grund: PFAS-kontaminiertes Weideland. Im Kanton Zug wurde ein Kinderspielplatz wegen zu hoher PFAS-Belastung geschlossen. Und kürzliche Stichproben von Forellen und Hechten durch Chemiker der Westschweizer Kantone lassen bereits ein Verkaufsverbot wegen zu hoher PFAS-Werte befürchten.
Die Schweiz hinkt der EU bei der Regulierung und den Grenzwerten für PFAS hinterher: Die Toleranzwerte sind in manchen Fällen bis zu 200 Prozent höher. Doch nun tut sich auch hierzulande etwas: Anfang 2024 hat die Schweiz Grenzwerte für einzelne PFAS in Lebensmitteln tierischen Ursprungs wie Fleisch, Fisch und Eiern eingeführt. In Abstimmung mit der EU wird zudem eine Verschärfung für weitere Lebensmittel geprüft. Ab 2026 dürften auch die Grenzwerte für Trinkwasser in der Schweiz strenger werden.
Die Industrie muss reagieren
Weltweit arbeiten Forschende daran, mehr Wissen zu PFAS zu erlangen und Methoden im Kampf gegen die schädlichen Chemikalien zu entwickeln. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie ein Umschwung der öffentlichen Meinung könnten eine weitreichendere Regulierung herbeiführen, und dies schneller als erwartet. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen.
Auch wir sind aktiv und suchen mit unseren Partnern den Dialog mit Herstellern von PFAS, darunter 3M Co, Akzo Nobel NV oder Honeywell International Inc. Wir fordern Transparenz über ihren flächendeckenden Einsatz von PFAS sowie den Ersatz dieser Chemikalien durch nachhaltigere Stoffe. Für Firmen, die sich bereits heute mit innovativen Lösungen beschäftigen, werden sich Chancen am Markt eröffnen. Für die Bevölkerung bedeutet eine Abkehr von PFAS, vielleicht noch einmal mit einem blauen Auge davonzukommen.
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23.05.2025