Ein nachhaltiger Dialog

  • Ich kann das Wort Nachhaltigkeit schon gar nicht mehr hören. Nachhaltiges dies, nachhaltiges das. Alles ist der nachhaltigen Nachhaltigkeit nachhaltig verpflichtet.
     
  • Aber das Thema ist wichtig. Wenn wir uns nicht damit befassen und darauf pochen, geht alles den Bach runter.
     
  • Was heisst schon nachhaltig?
     
  • Nun, es ist schon ein grosser Sammelbegriff. Es braucht Beispiele.
     
  • Eben. Und schon wird es unübersichtlich.
     
  • Hast du gerne Schoggi?
     
  • Ja, wieso?
     
  • Weisst du, wie viel Schokolade jeder Schweizer pro Jahr isst?
     
  • Nein.
     
  • Ungefähr 10 Kilogramm – also rund 100 Tafeln – pro Person und Jahr, das habe ich in einem Artikel der BVK, meiner Pensionskasse, gelesen. Das Grundprodukt kennen wir: Kakao. Es braucht Millionen von Kakaobäumen, und die wachsen in Gebieten, die nahe dem Äquator sind. Elfenbeinküste, Ghana, Indonesien, Nigeria sind die vier grössten Kakaoproduzenten. Sind diese Länder nun bekannt für faire Arbeitsbedingungen?
     
  • Nein, nicht wirklich.
     
  • Kinderarbeit ist an der Tagesordnung und wenn die Kinder nicht arbeiten, reicht das Geld nicht aus, um die Familie zu ernähren. Dadurch können die Kinder nicht in die Schule und müssen einer oftmals gefährlichen, gesundheitsschädigenden Arbeit nachgehen. Und das nur, damit wir im günstigen Fall gerade mal 45 Rappen für eine Tafel Milchschoggi ausgeben müssen und uns nachher darüber beklagen, dass wir zunehmen.
     
  • Also höre ich sofort auf, Schoggi zu essen – das ist doch nachhaltig.
     
  • Nein, eben nicht, und genau darum ist das Thema wichtig. Wenn du keine Schoggi mehr isst, hat der Kakaobauer in Nigeria sein Einkommen verloren. Wir müssen nachhaltig denken und Wege finden, dass Kinder in die Schule können und die Eltern richtig entlohnt werden und wir trotzdem Schoggi haben. Das heisst, wir müssen die Schokoladenfirmen dazu bringen, für die komplette Produktionskette bis hin zur Familie der Kleinstbauern Verantwortung zu übernehmen.
     
  • Dann wird Schoggi aber viel teurer.
     
  • Ja. Dadurch würde der Schoggikonsum vielleicht etwas zurückgehen und du müsstest nicht über die zu vielen Pfunde auf der Waage klönen. Und das ist nur ein Beispiel. Es gibt weitere.
     
  • Was denn noch?
     
  • Wir könnten weniger heizen und wenn, dann mit Energie aus nachhaltigen Energiequellen. Solarkraft, Windkraft, Erdsonden, Fernwärme – die Angebotspalette ist mittlerweile riesig …
     
  • … und teuer.
     
  • Ja, weil es immer noch Nischenprodukte sind. Aber wenn es Aktionären, damit meine ich grosse Investoren, die Druck ausüben können, schon schaffen, einen Ölkonzern zu verbindlichen CO2-Zielen zu bewegen, muss es doch auch gelingen, alternativen Energiequellen zum Durchbruch zu verhelfen.
     
  • Aber wenn ich alleine der Nachhaltigkeit nachlebe und nur noch fair einkaufe, den CO2-Ausstoss verringere, nicht mehr mit dem Flugzeug verreise, kein Fleisch mehr esse und so weiter, dann macht das doch keinen Unterschied.
     
  • Doch, wenn auch nur im Kleinen. Stell dir vor, wenn alle es tun. Dazu muss man nicht immer auf alles verzichten, aber nachhaltig denken. Wenn wir im Kleinen beginnen und die Grossen mitziehen, können wir eine Veränderung schaffen.
     
  • Du meinst also, damit ich dem blöden Wort Nachhaltigkeit entgehen kann, muss ich nachhaltiger leben?
     
  • Das macht Sinn. Vielleicht müssen wir aber auch einfach das Vokabular erweitern. Weil es jeden angeht, kann ich mir vorstellen, in Zukunft mehr über Verantwortung und Verantwortungsbewusstsein bezüglich Umwelt, Klima, CO2 und überhaupt Leistungen und Dienstleistungen zu reden.

Weitere Erfolgsgeschichten zur Nachhaltigkeit finden sich im Engagement Report, der von der BVK jährlich veröffentlicht wird. Dort wurde auch der oben erwähnte Schoggi-Artikel publiziert.

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01.12.2021

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