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Sommerwärme für den Winter einlagern

Wer bei Immobilien von Nachhaltigkeit spricht, kommt schnell auf die Allgemeingebiete Fotovoltaik, Erdwärme oder Minergie. Das ist alles gut und recht. Mit neuen Ideen liegt aber noch viel an Entwicklung drin.

Davos hatte ein Problem. Jedes Jahr möchten die Langlaufcracks des Leistungszentrums in den frühen Winterwochen mit dem Training auf Schnee beginnen, um sich für die Wettkämpfe vorzubereiten. Was tun, wenn die Schneemengen ausbleiben und es nicht genug kalt ist, um Kunstschnee zu produzieren? Die Lösung war bestechend einfach: Man lagert den Schnee über den Sommer in einem schattigen Tobel ein und holt ihn im folgenden Jahr wieder hervor. Snowfarming heisst diese Methode des übersömmerten Schnees.

Speicher im Boden
Und was hat das mit nachhaltigem Bauen zu tun? Nun, wenn man Kälte in Form von Schnee über den Sommer einlagern kann, sollte es doch auch möglich sein, Sommerwärme für den Winter zu «sparen». «Genau solche Möglichkeiten gibt es heute», erklärt Ansgar Adamczyk, Leiter Projektmanagement Immobilien bei der BVK. «Es gibt Erdspeichermöglichkeiten, um die natürlich anfallende Sonnenwärme zu konservieren und im Winter abzurufen.» Diese Speicher seien bereits so gut, dass sie mehr Wärme einlagern können, als im Winter von der entsprechenden Liegenschaft gebraucht wird.

Das wiederum hat Einfluss auf die Bausubstanz. «Bislang wurde mit viel Dämmmaterial verhindert, dass Energie das Haus unkontrolliert verlässt. Mit grossen Fenstern kann an sonnigen Tagen zudem viel Wärme ins Haus geleitet werden», so Adamczyk. Wenn nun aber im Sommer diese Wärme abgeführt und für die Heiztage gespeichert werden kann, sind diese Massnahmen nicht mehr zwingend nötig. Man kann wieder mit weniger Dämmung arbeiten, da die verpuffte Energie quasi gratis eingefahren wurde. Noch seien die Speichersysteme in der Anschaffung teuer, räumt Adamczyk ein. Der Unterhalt sei aber denkbar kostengünstig und die eingesparte Energie würde aus den Anschaffungskosten bald einen nachhaltigen Ertrag machen. Zudem könne, wie oben erwähnt, bei der Dämmung massiv eingespart und so ein Teil der Kosten auf den Wärmespeicher umgelagert werden. «Wir als Bauherren möchten natürlich Rendite mit den Immobilien erwirtschaften. Mit diesen Möglichkeiten, die noch etwas Überzeugungsarbeit brauchen, ergeben sich aber klassische Win-win-Situationen.» Nebenbei: Im Winter wird Kälte eingelagert, um im Sommer die Liegenschaft zu kühlen.

Noch sind diese neuartigen Speicher und Energiegewinnungsmethoden wenig etabliert. Wir arbeiten daran, nachhaltige zukunftsweisende Heiz- und Klimasysteme in unseren Bauten zu implementieren.

Zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte
Aber diese Neuerungen im Bauwesen sind nur ein Teil der möglichen Massnahmen für nachhaltiges Planen und Bauen. «Es gibt noch so viele Möglichkeiten mehr», schwärmt Adamczyk. Beispielsweise müssten heute nicht mehr die der Bau- und Zonenordnung entsprechende Anzahl Parkplätze gebaut werden. So sind unter anderem Reduktionen möglich, wenn der Nachweis einer guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr gegeben ist. Auch kann durch Car-Sharing-Angebote in den Siedlungen der Bau von teuren Garagenplätzen reduziert werden. Auch hier bleibt der Projektplaner realistisch: «Natürlich tönt die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs auf der ökologischen Agenda immer gut. Wir haben aber auch ganz klar ökonomische Interessen.» Will heissen: Wir richten unsere Angebote auf die wachsende Nachfrage nach Elektromobilität aus und erstellen zunehmend die dazu nötigen Ladestationen und produzieren den Strom mit Fotovoltaikanlagen auf den Dächern.

Solche und weitere Ideen wie etwa Solarthermie ergänzend zu Fotovoltaik, Windenergie oder Erdwärmespeicher werden im Projektmanagementteam der BVK stetig diskutiert und deren Einsatz evaluiert. Adamczyk: «Wann, wo und wie wir alternative Energieträger einsetzen können und werden, wird fallweise bestimmt.» Weitere Themen wie «Stärke der Dämmung», «Anzahl der Parkplätze», «Waschtürme» oder «Menge der Nasszellen» werden ergebnisoffen diskutiert. Hierbei muss der Nutzer Ausgangs- und Endpunkt jeder Überlegung bleiben. Ist dieser nicht zufrieden, wirkt sich das nachteilig auf die Nachhaltigkeit der Immobilie aus. «Wichtig ist, dass wir immer am Ball bleiben und mit dem Fokus, eine langfristige Rendite zu erzielen, nachhaltig bauen. Ich bin überzeugt, dass Projekte, welche die Aspekte Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft in Einklang bringen, auch morgen Bestand haben», sagt Adamczyk.

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